Schönes für Dügg
Schauspiel
Talk

Zur Erinnerung an Werner Düggelin, Intendant des Theater Basel 1968-1975 mit Freund*innen und allen, denen er fehlt

Stückinfo

Der sanfte Pyromane

Er war ein Kind, ein Kindskopf, ein Lausbub, ein Seiltänzer, Ein Traumtänzer, ein Menschenverhexer, ein Spieler und ein Theaterlüstling, ein Glückspilz, ein Geniesser der einfachsten und feinsten Speisen, der auf keinen Gourmetführer angewiesen war, aber ein absolut kompetenter Gourmetführer hätte sein können, ein wahrer Kenner der Weine, ein Kunstsammler, Museumskurator und wissender Freund der Maler und Bildhauer, einer der einem beiläufig beizubringen vermochte, was nötig zu wissen ist, einer, der dem Perfektionswahn nicht erlag, weil er mit einem knappen «Also gut» oder in seiner ganz eigenen Sprache mit einem «Zoing, Zoing, Zoing» die Sache weitertrieb, einer der die Liebe in allen Freuden und Schmerzen erlebt hatte und immer wieder erleben wollte, ein melancholischer Clown und ein feinsinniges Schlitzohr, kurzum: ein philosophierender Lebenskünstler - nein, der vollbrachte kein Lebenswerk, er war ja das Leben selbst.

Obendrein war dieser Wunder- und Teufelskerl ein Innerschweizer; er kam aus der berühmt-berüchtigten Gemeinde Siebnen im Kanton Schwyz. Die Siebner haben es nämlich faustdick hinter den Ohren, und es kann lebensgefährlich sein, sie zu unterschätzen. Vor allem beim Jassen, einem in der Schweiz sehr beliebten Kartenspiel, das für jeden Theaterdirektor, der in der Schweiz Erfolg haben will, zur unerlässlichen Grundausbildung gehört. Dieser Dügg war der leidenschaftlichste und fantasievollste Pyromane, den ich kenne: Er selbst brannte, er verbrannte, er zündete mit seinem Enthusiasmus sich und die Menschen an.

Basler Theaterdirektor

Sieben Jahre - von 1968 bis 1975 - hat er im wahrsten und schönsten Sinne des Wortes in Basel den Theaterdirektor gespielt. Er konnte diese Rolle spielen, weil er keine Angst hatte, vor nichts und niemandem. Die Vereinigung des Stadttheaters mit der privat betriebenen Komödie kam der Neugründung des Theaters gleich. Des rastlosen Herumgastierens überdrüssig, wollte er eine neue Konzentration und eine wirkliche Gemeinsamkeit am Theater finden. Seine Verantwortung für Oper, Ballett und Schauspiel hatte er spielerisch sehr ernst genommen. Er, der so jung seine Chance bekam, gewährte ganz selbstverständlich uns absoluten Anfängern die tolle Chance3, an der Neugründung verantworlich mitzuwirken: Christoph Leimbacher, Louis Billinger, Wolgang Mai, Hans-Georg Schäfer, Thomas Brux und mir. Dügg wurde ja von keinem Feuilleton gepusht. Dügg wollte es einmal wissen und schnappte sich für ein paar Jahre die Rolle der grossen Verantwortung - ausgerechnet er, der als ein flatternder Paradiesvogel verschrien war. Und er spielte den Theaterdirektor so wirkungsvoll, dass er alle, die Künstler, das Publikum, ja ganz Basel mitriss.

aus: Hermann Beil, «Der sanfte Pyromane. (K)eine Trauerrede auf Werker Düggelin» (Theater heute), Oktober 2020.

1 Termin

29.04.2022
Premiere: Foyer Grosse Bühne
21:30