Schauspiel von Ewald Palmetshofer nach Gerhart Hauptmann
Stückinfo
Uraufführung/Auftragswerk
Eingeladen zu den 43. Mülheimer Theatertagen NRW
Eingeladen zum Heidelberger Stückemarkt 2018
Stück des Jahres 2018 - 2. Platz (Theater Heute)
Gerhart Hauptmanns Dramendebüt «Vor Sonnenaufgang» evoziert 1889 einen der grössten Skandale der deutschen Theatergeschichte und macht den erst 27-jährigen späteren Literaturnobelpreisträger über Nacht berühmt. Er zeigt darin eine Gesellschaft, deren schnell erlangter Wohlstand mit innerer Verhärtung einhergeht. Der österreichische Dramatiker Ewald Palmetshofer aktualisiert das Hauptmann’sche Frühwerk, um es aus seiner zeitlichen und lokalen Gebundenheit zu lösen, von den Zwängen der historischen Verankerung zu befreien und für die Gegenwart zu befragen: Dabei schält er Hauptmanns zentrale Motive aus der gesellschaftspolitischen Realität des späten 19. Jahrhunderts und untersucht in seinem Familienpanorama die Deformationen und Krankheitsbilder einer neoliberalen Gesellschaft, um an individuellen Krisen grössere gesellschaftliche Zusammenhänge sichtbar zu machen.
«Die Welt wandelt sich. Wir erleben dies in den neuen Bedrohungsszenarien und Erosionserscheinungen westlicher Demokratien, im Erstarken der Populismen und Fundamentalismen, in der Verrohung und Radikalisierung der politischen Sprache und Diskurse, in der zunehmenden Polarisierung unserer Gesellschaften, dem gesteigerten Argwohn und Missverstehen zwischen Weltregionen und religiösen oder säkularen Wertesystemen. Es ist, als würden wir an der Schwelle zu einer neuen Epoche stehen, deren Name und Bedeutung man noch nicht kennt. Die Ahnung eines kommenden Wandels scheint auch in Hauptmanns ‹Vor Sonnenaufgang› unterschwellig präsent zu sein. Aber während der Titel seines Dramas noch hoffnungsvoll den Anbruch eines neuen Tages verheisst, endet es in einer Katastrophe. Im Mikrokosmos des Privaten beispielhaft demonstriert, kündet Hauptmann vom Verschwinden des Humanen. Hinter der zivilisierten Fassade ist der Mensch ein rohes, verzweifeltes, unsolidarisches Tier. Schrecklich, wenn Dr. Schimmelpfennig – die Figur des Arztes im Stück – mit seiner Diagnose recht behalten soll: ‹Die Menschheit liegt in der Agonie.› Dann würde die Nacht nur noch mehr Nacht gebären, und nach dem Sonnenaufgang nur Dunkelheit auf uns warten.» Ewald Palmetshofer