Im Jahr 1772 schreibt Mozart als 16-Jähriger in nur wenigen Monaten seine zweite Opera Seria als Auftragswerk für das von Habsburg regierte Mailand. Die Story: Ein hitziger Mix aus Liebe, Hass, Begehren, gescheitertem Tyrannenmord, Machtmissbrauch, Todesangst, Todessehnsucht und Verzicht.
Was ist da los?
Macht: Ein römischer Diktator, der sich an die Spitze gemordet hat. Ein totalitärer Staat. Gegründet auf Willkür, Misstrauen, Lüge. Liebe: Der Diktator ist besessen von Giunia, der Tochter seines ermordeten Widersachers. Liebe 2: Giunia liebt ihren Verlobten, der heimlich aus der Verbannung zurückgekehrt ist, um den Tyrannen zu töten. Hass: Sie hasst den Diktator. Sie verachtet ihn. Er fasziniert sie. Verzicht: Im letzten Moment verzichtet Lucio Silla auf die Macht und auf Giunia, er stiftet Frieden und Versöhnung und schenkt seinem Volk die Freiheit.
Dieses Moment des Verzichts ist Ausgangspunkt und Kern der Interpretation von Hans Neuenfels. Ist es Einsicht, Überdruss oder doch bloss Kalkül? Manifestiert sich hier eine – politische – Utopie? Sicher ist: Dem Entschluss des Diktators geht ein Wechselbad traumatischer Erlebnisse voraus.
Mozart, das junge Genie, entzündet hierfür ein Feuerwerk brillanter Arien und durchbricht dabei die strengen Regeln der «ernsten Oper», wo immer er kann. Er schafft ein hochemotionales, facettenreiches und psychologisch durchleuchtetes Dramma per musica, das den Weg weit vorausweist ins Musiktheater späterer Jahre.
Dauerte die Mailänder Uraufführung noch vier Stunden, präsentiert das «Lucio Silla»-Team dieses Frühwerk Mozarts in einer eigenen, verdichteten Version. Sie rückt den Konflikt, die Zerrissenheit und die leidenschaftliche Auseinandersetzung in den Mittelpunkt. Hans Neuenfels, einer der renommiertesten Regisseure unserer Zeit, kehrt hierfür nach zehn Jahren (zuletzt: Othmar Schoeck, «Penthesilea», «Aufführung des Jahres 2007») an das Theater Basel zurück. Seine vielfach preisgekrönten Interpretationen haben immer wieder kontroverse Diskussionen ausgelöst. Die musikalische Leitung übernimmt der Musikdirektor des Theater Basel Erik Nielsen, der damit nach «Don Giovanni» seine zweite Mozartoper für Basel präsentiert.
Presenting Sponsor: Stiftung zur Förderung der Basler Theater