«Ein kleines Herrenvolk sieht sich in Gefahr: Man hat Arbeitskräfte gerufen und es kommen Menschen. Sie fressen den Wohlstand nicht auf, im Gegenteil, sie sind für den Wohlstand unerlässlich. Aber sie sind da. … Was tun? Es geht nicht ohne strenge Maßnahmen, die keinen Betroffenen entzücken, nicht einmal den betroffenen Arbeitgeber. Es herrscht Konjunktur, aber kein Entzücken im Lande. … Man ist kein Rassist; es ist schließlich eine Tradition, dass man nicht rassistisch ist, und die Tradition hat sich bewährt. … Trotzdem sind sie einfach anders. Sie gefährden die Eigenart des kleinen Herrenvolkes, die ungern umschrieben wird, es sei denn im Sinn des Eigenlobs.» (Max Frisch)
Volker Lösch und sein Team verstehen Max Frischs «Biedermann und die Brandstifter» als Angstfantasie von der von sogenannten Ausländern bedrohten Heimat: Man lebt zufrieden, ist beruflich erfolgreich. Eines Tages stehen zwei Fremde vor der Tür und wollen nicht mehr gehen. Und wehe, man hat nicht den Mut, sie rauszuwerfen … Ein Brand von apokalyptischen Ausmassen scheint die logische Konsequenz. In Person der beiden Brandstifter begegnen Gottlieb Biedermann jene bedrohlichen Gespenster des Fremden und Unheimlichen, die seine tief sitzende Furcht um Position und Status hervorbringt.
Die Inszenierung wird sich mit den Bildern vom Eigenen und Fremden auseinandersetzen, die unser Zusammenleben prägen. Eine wichtige Rolle spielen dabei zwei Sprechchöre: ein patriotisch gesinnter Chor der Feuerwehrleute und ein Chor von Basler AusländerInnen, PapierlischwyzerInnen, MigrantInnen, Flüchtlinge, Einwanderer und Einwanderinnen, Secondos, Secondas etc., die von ihren Begegnungen mit den Einheimischen, ihren Lebensumständen und den Anstrengungen der Anpassung erzählen. Sie stammen aus vielen Ländern und sie sind nicht auf einen Nenner zu bringen.
Der Regisseur Volker Lösch arbeitet in seinen Inszenierungen häufig mit Profis des jeweiligen Schauspielensembles und Vetreter/innen von unterschiedlichsten sozialen Gruppen. Lösch hat bisher über 70 Inszenierungen realisiert, u. a. an Theatern in Basel, Berlin, Bonn, Bremen, Essen, Dresden, Düsseldorf, Freiburg, Graz, Hamburg, Leipzig, Montevideo. Stuttgart und Zürich. Von 2005 bis 2013 war er Hausregisseur und Mitglied der künstlerischen Leitung am Staatstheater Stuttgart.?Im Jahr 2006 wurde Volker Lösch für den deutschen Theaterpreis «Faust» nominiert. Seine Inszenierung von «Marat, was ist aus unserer Revolution geworden» nach Peter Weiss am Schauspielhaus Hamburg wurde zum Berliner Theatertreffen 2009 eingeladen. 2013 hat er den renommierten Lessingpreis des Landes Sachsen erhalten.