Als Kind haben mich die Neocolor-Zeichnungen fasziniert, bei denen man zuerst farbige Felder auf ein Blatt malt, das Ganze mit schwarzer Farbe überdeckt, um anschliessend mit der Feder Figuren auszukratzen, die dann – nach einer Art Zufallsprinzip – bunte Kompositionen bilden.
Sehr faszinierend war für mich auch das «Abpausen»: Ein dünnes Blatt über einen Gegenstand (z.B. Münze) legen und mit dem Bleistift sorgfältig einen Durchschlag fabrizieren.
Beiden Aktivitäten gemeinsam ist das repetitive Geräusch: ein Schaben, Kratzen, Wischen, welches bei unterschiedlichem Material und Tempo eine ganz erstaunliche Bandbreite an Obertönen produzieren kann.
Diese Obertöne entstehen bei allen Reib-, Schab-, Schleif-, Polier-, Kratz-, Bürst-, Wisch- und ähnlichen -vorgängen. Jede Oberfläche hat ihren eigenen Klang und mit dem entsprechenden Werkzeug kann er hörbar gemacht – quasi destilliert werden. Im Frühjahr 2008 habe ich mit dieser Spieltechnik und einem Gong mittlerer Grösse ein Solostück komponiert und mehrfach zur Aufführung gebracht: «schraffur» für Gong.
2009 habe ich ein Hörspiel für Radio drs2 realisiert, welches den Klang des Gongs mit den vielfältigen Klang- und Geräuschmöglichkeiten des Hörspielstudios in Basel zusammen brachte. Im Auftrag des Lucerne
Festival entstand im Sommer 2010 «schraffur für Gong und Orchester» in Zusammenarbeit mit der basel sinfonietta.
Georges Delnon hat mir für die Spielzeit 2011/2012 eine Carte blanche im Theater Basel angeboten und ich habe mich für eine Version von «schraffur» entschieden, da die Möglichkeit, Mitspielerinnen und Mitspieler aus verschiedenen Bereichen eines Theaters einzusetzen, mich sehr fasziniert. Dieses Zusammengehen eines so komplexen Apparates wie ein Stadttheater, das Finden eines einfachen gemeinsamen Nenners, um ein möglichst grosses gemeinsames künstlerisches Vielfaches zu erreichen – das hat viel mit «schraffur» zu tun.
Die grosse Bühne wird für dieses Experiment ein passender Rahmen sein, die meditative Komponente von «schraffur» wird mit den Bewegungs- und Darstellungsvarianten des gemischten Ensembles angereichert, es entsteht ein Klang-, Geräusch- und Theaterzauber.
Künstlerische Leitung
Musik: Fritz Hauser Konzept / Raum / Regie: Fritz Hauser mit Boa Baumann Co-Direktoren Musik: Sylwia Zytynska, Brian Archinal, Domenico Melchiorre, Rob Kloet Produktionsleitung/Regieassistenz: Nathalie Buchli, Jurate Vansk