"Wenn einer in sein dreissigstes Jahr geht, wird man nicht aufhören, ihn jung zu nennen. Er selber aber, obgleich er keine Veränderungen an sich entdecken kann, wird unsicher, ihm ist, als stünde es ihm nicht mehr zu, sich für jung auszugeben. Und eines Morgens wacht er auf, an einem Tag, den er vergessen wird, und liegt plötzlich da, ohne sich erheben zu können, getroffen von harten Lichtstrahlen und entblösst jeder Waffe und jeden Muts für den neuen Tag."
Ein Jahr vor dem dreissigsten Geburtstag. Abschiednehmen von der eigenen Vorstellung einer in alle Richtung offen stehenden Zukunft. Und gleichzeitig eine wundersame neue Fähigkeit, sich zu erinnern. Irgendwann fängt man an, sein Leben zu rekapitulieren, als wolle man seine eigene Biografie schreiben. Dann bricht man auf zu neuen Ufern. Oder kehrt einfach auch nur zurück, um sich zu etablieren.
Die Erzählung «Das dreissigste Jahr» von Ingeborg Bachmann zählt fast schon zu den Klassikern der deutschsprachigen Literatur – und hat bis heute nichts eingebüsst an Aktualität einer schonungslosen Bestandaufnahme von Leben, Identität, Erinnerung, Alltag und Liebe. Der junge Münchner Regisseur Ramin Anaraki, der das erste Mal in Basel arbeitet, entwickelt aus dem Stoff einen Abend für und mit dem Schauspieler Benjamin Kempf.