Uraufführung
Nach "Peer Gynt", "Romeo und Julia" und "Nussknacker" nimmt sich Richard
Wherlock eines weiteren grossen Stoffes der Ballettgeschichte an:
"La Sylphide" ist das grosse romantische Ballett schlechthin. Bei seiner Entstehung
1832 war es in vielfältiger Hinsicht bahnbrechend. Thematisch
bezog es sich nicht mehr auf die klassischen Mythologie, sondern war von
einer zeitgenössischen Novelle inspiriert.
Das Bild der Ballerina, das bis heute nachwirkt, wird hier erstmals entworfen.
Die Tänzerin wird als das Luftwesen Sylphide zu einer überirdischen,
schwerelosen Erscheinung. Sie trägt ein langes weisses Tutu und erhebt sich
beim Tanz auf die Zehenspitzen.
Wenn Richard Wherlock die männliche Hauptfigur ins Zentrum rückt, fokussiert
er den tragischen Helden, den typischen Vertreter der Romantik. Der
Bauer James negiert den Status quo und sämtliche Verpflichtungen seiner
Braut und der Gesellschaft gegenüber und folgt dem flüchtigen Bild der Sylphide.
Er sucht das wahre Glück in einer Traumwelt, die ihm allerdings entgleitet.
Wieder mit der Realität konfrontiert, verlässt ihn alle Kraft.
Wie immer knüpft Richard Wherlock die Verbindung von der historischen
Vorlage in unsere Zeit und lässt verblüffende Aktualität durchscheinen.
Will man ein klassisches Ballett aus der Zeit um 1830 auf die Bühne bringen, ohne es einfach zu ?rekonstruieren', sind grundsätzliche Verschiebungen von Nöten, vor allem will man den Bezug zum Original erhalten. Diese Art von Umdenken sieht Richard Wherlock als Herausforderung. So erlaubte die Pantomime jener Zeit, die "Handlung" kurz anzudeuten, während heute eine zeitgenössische Körpersprache diese in die Bewegung selbst verlegt. Auch lässt Wherlock seine Version zwar noch im ländlichen Schottland spielen, allerdings im Heute: Kilts mischen sich mit Fussball, Waldnymphen mit Bezügen zum keltischen Volkstanz. Die Hochzeitsgesellschaft im ersten Akt explodiert fast vor Energie und anstatt als von Bäumen herab zu gleiten, fliegen Wherlocks ?Sylphiden' schon eher über die Bühne. So wird die Gefühlswelt der Romantik erhalten, jedoch dynamisiert.
Wurde schon in der zweiten, dänischen Version von 1836 James wichtiger, nimmt er nun die zentrale Stellung ein, als ein Mann zwischen zwei Frauen: der Sylphide, Traumgeliebte seiner Kindheit und Effie, die er am Tag der Handlung heiraten soll. James ist der Schritt von Liebe zur Leidenschaft aber nicht ganz geheuer und so flüchtet er mit der Sylphide in den Winterwald hinaus, gefolgt von Effie und Gurn. Dieser liebt ebenfalls Effie, ist aber gleichzeitig James bester Freund. Die treibende Kraft im Original ist eine alte Frau, ja Hexe, welche voraus sagt, dass Gurn für Effie bestimmt sei. In Wherlocks Version wird aus ihr Effies Bruder, der gegen den Wunsch des Clans ebenfalls Gurn für Effie bestimmt. Dies zeigt ein weiteres Problem auf, will man eine bald zweihundert Jahre alte Vorlage übertragen: Ohne das Verhalten der Figuren zu 'psychologisieren', müssen diese heute dennoch nachvollziehbar bleiben. Es gilt also möglichst viel der Elemente, die ?La Sylphide' ausmachen zu erhalten, sie aber so einzusetzen, dass ein Fluss entsteht, der für uns keine dramatischen Fragen aufwirft. Aus ähnlichen Überlegungen wurde die romantische Musik mit Celtic-Music von Chieftains aufgelockert.
Diese Komplexitäten verlangen von Richard Wherlock und dem Ballett Basel, auf seine ganze versierte Vielseitigkeit zurückzugreifen, um einen packenden Ballettabend auf die Bühne zu stellen, welcher den Bogen zwischen klassischem Ausdruck und zeitgenössischem Anspruch spannen kann.
"[...] die jungen Menschen möchte ich darin bestärken, ihrer Phantasie Raum zu geben, ihr zu folgen und zumindest einen Teil davon in ihrem Leben zu verwirklichen." R. Wherlock
"Die Uraufführung von "James oder La Sylphide" stösst beim Publikum auf grosse Begeisterung. Beim Schlussapplaus macht Richard Wherlock auf eine sehr sympathische Art einen Kniefall vor seinem Ensemble und bedankt sich so bei ihm. Basel täte gut daran, es dem Ballettdirektor gleich zu tun und sich vor seinem hervorragenden Dreisparten-Theater zu verneigen." Basellandschaftliche Zeitung
"Richard Wherlock fügt pfiffige Lebenslust und listige Ironie nahtlos in die Poesie und Romantik der Vorlage. Auch wie er die Musik gestaltet, ist mitreissend frisch: Zur Ballettmusik von Herman Severin Lovenskiold (hervorragend vom Sinfonieorchester Basel unter der Leitung von David Garforth gespielt) fügt er schottische Lieder und irische Popsongs." Aargauer Zeitung
"Die vor Lebensfreude sprühende Basler Kompanie macht daraus für die Zuschauer ein ebenso poetisches wie kurzweiliges Tanzvergnügen." NZZ
"Bürgerliche Emotion und technische Präzision: Dieses Ballett vereint, was Basler wünschen. Und Richard Wherlock gibt es ihnen." Südkurier
"Die Aufführung hat Tempo, Glanz und Frische. Die Kostüme sind schick und die Bühne ist eine Skaterbahn. Stürmischer Applaus." Blick