Grillparzer hatte lediglich eine Neubearbeitung des Medea-Mythos geplant. Doch während seiner Studien verschob sich sein Blick zugunsten des Goldenen Vlieses, das für ihn der Inbegriff des "Wünschenswerten, des mit Begierde Gesuchten, mit Unrecht erworbenen" (Tagebuch 1922) wurde. Dessen Raub hatte die ganze Tragödie in Gang gesetzt. So ist eine grossangelegte Trilogie entstanden, die die ganze Argonautensage umfasst. Angestiftet durch einen Traum im Orakel von Delphi hat der junge Grieche Phryxus das Goldene Widderfell entwendet. Auf seiner Heimfahrt ersucht er um Aufnahme bei den Kolchern, die als Barbaren gelten. Deren König Aites bricht das Gastrecht. Mithilfe der Zauberkünste seiner Tochter Medea entwaffnet er die Griechen, erschlägt Phryxus und raubt das Vlies. Jahre später landet erneut ein griechisches Schiff in Kolchis. Die Argonauten unter der Führung Jasons sind gekommen, Mord und Raub zu rächen. Medea, die frühere Untat verdammend, hilft den Fremden, verliebt sich in Jason und zieht schliesslich mit ihm fort. Ihr Vater und ihr Bruder kommen um. Sie weiss, sie trägt die Mitschuld. Es war der Preis für den Geliebten. Nach langer Irrfahrt ist Medea an Jasons Seite in Korinth angelangt. Sie haben Kinder bekommen. Um für immer mit ihrer "barbarischen" Vergangenheit abzuschliessen, vergräbt sie am Strand ihre Zaubergeräte und das Goldene Vlies. Doch bleibt sie in diesem Land eine Fremde. Vorurteile und Hass verfolgen sie. Sie gerät in den Verdacht, die Schuld am Tod von Jasons Oheim zu tragen.
Jason verlässt sie und verbindet sich mit der Griechin Kreusa. Entwurzelt,
den Verrat nicht verwindend, tötet sie ihre Widersacherin und ihre eigenen
Kinder. Grillparzer hat den mythischen Stoff zu einer grossen geschichtsphilosophischen Tragödie verwandelt, zu einer Geschichte über eine Gewalt, die aus Ignoranz, Missverständnissen und Fehldeutungen hervorbricht. Schauspieldirektor Lars-Ole Walburg wird sie inszenieren.
"In seinem letzten grossen Projekt der Ära Schindhelm hat Lars-Ole Walburg den ewigen Kampf der Kulturen noch einmal in bezwingend klare und schlichte Bilder gefasst." FAZ
"Nach der Premiere am Donnerstagabend rieb man sich verdutzt die Augen und fragte sich, ob das, das einen da vier Stunden lang in Atem gehalten und mit elementarer Wucht auf einen eingedrungen war, tatsächlich ein Werk von Franz Grillparzer gewesen sei. Die Verse klangen vollkommen selbstverständlich, das Thema (Asyl und Vertreibung) wirkte brennend aktuell und die Mythen erschienen ohne Umweg über das 19. Jahrhundert direkt von der wilden Vorzeit herzukommen." Der Bund
"Edmund Telgenkämper macht seine Sache als Jason der Eroberer überragend: Ihm tänzeln Grillparzers Verse so unverschämt locker über die Lippen, dass Medea gar nicht anders kann. Ein unsichtbares Seil vertäut die beiden." Basler Zeitung
"Das Herz des vierstündigen Abends aber heisst Sandra Hüller. Es pocht immer, oft fast bis zum Zerspringen, am stärksten im ersten Teil und kurz vor Schluss wenn Jason und Medea nochmals in verzweifelter Leidenschaft übereinander herfallen, wo Küsse Bisse und aus Liebe Hiebe werden. Das ist, in seiner unmöglichen Sehnsucht, schrecklich und schön. NZZ
"Wie eine Löwin kämpft Medea um die Kinder, rennt fauchend gegen die Gitter an, durch die man ihr Bananen zuwirft wie einem Tier im Zoo, bis der Entschluss in ihr reift, sich die Liebe aus dem Herzen zu reissen. Als würde sie die schlafenden Kinder sacht zudecken mit einer Decke aus Schnee, breitet sie den kalten Tod über sie: Das Glück? "Ein Schatten", Ruhm? "Ein Traum". Das Leben? "Ein Märchen", das sie sich selbst erzählt. Und wir? Ihre Zuhörer, im Innersten getroffen." Süddeutsche Zeitung
"Lars-Ole Walburg zeigt einen langen und grossen Theaterabend." Neue Luzerner Zeitung
"Vier fesselnde Stunden." Blick