Nussknacker
Ballett
Stückinfo
Uraufführung
Nach der berühmtesten Liebesgeschichte - «Romeo und Julia» in der letzten Spielzeit - wendet sich Richard Wherlock jetzt dem beliebtesten Märchen der Ballettgeschichte zu: «Der Nussknacker» wurde im Dezember 1892 am Mariinski- Theater in Sankt Petersburg uraufgeführt, das damals über eine hervorragende Compagnie - unter dem Ballettmeister Marius Petipa - verfügte. Das Libretto basiert auf E.T.A. Hoffmanns phantastischer Erzählung «Nussknacker und Mäusekönig», die Musik schrieb Peter Iljitsch Tschaikowsky, der damit sein letztes Bühnenwerk schuf, das eines seiner erfolgreichsten werden sollte. Die Handlung des Nussknacker - Balletts ist der literarischen Vorlage sehr frei nachempfunden. Aus einer Familienfeier am Weihnachtsabend entwickelt sich die Geschichte in eine Märchenwelt mit viel phantastischem Personal. Dieser Grundentwurf mit einer Fülle von Divertissements hat seit jeher Choreographen animiert, das Libretto umzuformulieren oder völlig neu zu gestalten. «Der Nussknacker» wurde zum weltweit beliebtesten Ballett, von
dem eine enorme Zahl unterschiedlicher Lesarten existieren. Die phantasievolle Atmosphäre von Tschaikowskys Musik fordert Richard Wherlocks Kreativität heraus. Es bietet reiche Möglichkeiten für dynamische, opulente Gruppentänze, in denen sich die Bewegungslust des Ballett Basel entfalten kann. Der Choreograph liest die Nussknacker-Vorlage als Familienabenteuer. Nach Richard Wherlocks gelungenen Rollenentwürfen in «Peer Gynt» und «Romeo und Julia» erwarten wir einen reichen Bilderbogen treffender Typen und phantastischer Figuren und lebendige, intelligente Unterhaltung.
Der unheimliche Onkel Drosselmeier. Im Original ist er nicht arg viel mehr als ein kauziger Geschenkbote, Dr. Frankensteins harmloser Verwandter, der mechanische Puppen - darunter auch den Nussknacker - bastelt. In der Prosavorlage des Librettos, in E.T.A. Hoffmanns Novelle "Nussknacker und Mausekönig", sind Drosselmeiers Züge deutlich diabolischer. Bei Wherlock ist er die dominante Figur. Ein Schattenmagier, ein Tänzer im Zwielicht. Durch fahles Gassenlicht spurtet ein spinnenbeiniger Michaël Lamour in Zeitlupe aus der Unzeit hinein in die leere Gegenwart der Grossen Bühne. Drosselmeier regiert die Handlung und eine räudige Rattenbande, den Outfits nach eine Kreuzung aus Strassen-Punks und Streuner-Cats. Sie sind ihrem Herrn als anarchische Requisiteure zu Diensten.
Stephan Reuter, Badische Zeitung am 22.11.04
Unschulds Traum von der Liebe zum Prinzen
Eine starke Ensembleleistung und einige solistische Glanzpunkte bestimmen Richard Wherlocks Choreographie ... Aus den Mäusen des Originals wurde bei Wherlock eine wilde Horde Ratten. Sie sind die dienstbaren Geister Drosselmeiers, ... Michaël Lamour, Ensemblemitglied des Ballett Basel, erfüllt seine Aufgabe als guter böser Onkel bewundernswert. ... Aurélie Gaillard (Clara) verströmt mädchenhaften Charme und bezaubert durch tänzerische Geschmeidigkeit. ... Wherlocks "Nussknacker" ... zeigt erneut das besondere Potenzial des Choreographen, humorvolle Situationen zu kreieren. Sei es im "pantomimischen" 1. Akt, wo die Kinder das steife Ambiente durch Schabernack erfrischend aufbrechen (sehr witzig Cédric Anselme-Mathieu und Cristiana Sciabordi als Geschwister Claras), sei es in den Charaktertänzen des 2. Akts. ... Choreographisch setzt er stark auf Ensembleleistung und setzt damit, gerade in den nationalen Tänzen des grossen Divertissements, ein paar Glanzpunkte.
Maya Künzler, Basler Zeitung am 22.11.04
Leichtfüssiger Augenschmaus - Richard Wherlock hat das bekannte Ballettmärchen elegant, phantasievoll und unprätentiös inszeniert. Anker der Handlung ist das Weihnachtsfest der Familie Stahlbaum, das Wherlock als simple Familienfeier zeigt. Kein Ball und vorläufig auch keine vornehmen Gäste. Einige kleine charmante, klassisch choreographierte Duette und Solis, die Gelegenheit gebe, die Hauptfiguren einzuführen ... Olgas trotziges Solo im ungeliebten neuen Kleid ist nicht nur tänzerisch gelungen sondern von Cristiana Sciabordi auch urkomisch umgesetzt. Olga und Fritz sind die kindlich naiven Schablonen, die Wherlocks Clara als Hintergrund dienen. Ohne grosses Pathos schafft Wherlock für diese Figur tiefgründige Choreographien, die wesentlich mehr Spielraum für Interpretationen lassen. ... Drosselmeier, der grosse Animator, der aus dem Hintergrund elegant den Lauf der Dinge beherrscht, ist für Wherlock Schlüssel zum ganzen Stück. Inhaltlich ist diese Person Angelpunkt der verschiedenen Erzählebenen und der Phantasiewelten, in denen das Stück spielt. ... Drosselmeier bewegt sich zaubergleich durch beide Welten. Er ist ein Wesen des Durchgangs, ein Januskopf gewissermassen und dabei völlig eigenständig und original. Auch stilistisch ist Drosselmeier das Herzstück der Choreographie. Zwischen der diskreten Klassik der Familie Stahlbaum und dem verschlungenen, leicht verqueren Modernismus der Rattenschar hält er mit geschmeidiger Eleganz exakt die Balance.
Wherlocks Nussknacker wird durch das Nebeneinander der Stilformen und Phantasiewelten ebenso geprägt, wie durch die Intensität der einzelnen Tanzstücke. Wunderhübsche Liebesszenen zwischen Clara und ihrem Nussknacker, für die Wherlock runde Formen in die staksigen Bewegungen junger Erwachsener überführt. ... Die ethnischen Tänze - kurze und bunte Intermezzos, wie der Hauch eines fremden Gewürzes. Und schliesslich die grossen "Corps de Ballet"-Szenen im Ballsaal und im Zauberwald, wo ein Schneeflocken zarter Tanz der Libellen zu einem Höhepunkt dieser Inszenierung wird. Wherlock hat ein wunderschönes Ballettstück geschaffen, das unterhaltsam ist, und viele Ansatzpunkte zu Interpretationen liefert.
Im Vordergrund steht die spielerische Bewegungsphantasie und ein kindlich intensiver Umgang mit den verschiedenen Ebenen einer scheinbar einfachen Geschichte. Die Psychologie der Figuren bleibt dagegen unaufdringlich. Das Premierenpublikum hat sich an diesem leichtfüssigen Augenschmaus erfreut und spendete begeisterten Applaus.
Brigitte Guggisberg, Basellandschaftliche Zeitung am 22.11.04
Der Choreograph zeichnet menschliche Figuren mit ihren Sehnsüchten. Drosselmeier, fabelhaft verkörpert von Michaël Lamour, ist ein diabolischer, aber auch ein getriebener Mensch auf der Suche nach einer unbeschwerten Kindheit und dem Zauber der Theaterbühne. ...
Die Basler Tänzerinnen und Tänzer brillieren als Toreros, Orientalinnen, Chinesen und Russen. ... Moderner Tanz und Bodenakrobatik mischen sich munter mit klassischen Elementen.
Martina Wohlthat, Neue Zürcher Zeitung am 22.11.04
In der Traumwelt des Nussknackers - Richard Wherlocks vorweihnachtlicher Ballettabend riss das Publikum im Theater Basel zu Begeisterungsstürmen hin.
David Werner, Blick am 22.11.04
He's little more than a peculiar messenger delivering a gift, a harmless relative of Dr. Frankenstein who builds mechanical dolls like the Nutcracker in the original version. But Drosselmeier's traits are obviously more diabolical in E.T.A. Hoffmann's novelette Nussknacker und Mausekönig (Nutcracker and Mouse-King), which is the prose version of the libretto. And in Wherlock's staging, he's the dominant figure: a shadowy sorcerer, a dancer in the twilight. Dimly illuminated from the wings, spidery-legged Michaël Lamour creeps out of timelessness and onto the empty present of the main stage, where, as Drosselmeier, he controls both the plot and a gang of mangy rats, who, dressed in outfits that suggest a hybrid of street punks and stray cats, serve their master as anarchic prop-people.
Stephan Reuter, Badische Zeitung, Nov. 22, 2004
An Innocent Dreams of Her Prince's Love
Strong ensemble work and several brilliant solo sequences distinguish Richard Wherlock's choreography.... The mice of the original version mutate into a horde of wild rats in Wherlock's staging, where they serve as Drosselmeier's ministering spirits.... Michaël Lamour, a member of the ensemble of the Basel Ballet, admirably embodies the figure of the good-bad uncle.... Aurélie Gaillard (Clara) radiates girlish charm and enchants the audience with her dancerly suppleness.... In his staging of "Nutcracker," choreographer Wherlock once again proves his special ability to create humorous situations: in "pantomimic" Act One, for example, where a stiffly formal social situation is refreshingly shattered by the antics of the children (Cédric Anselme-Mathieu and Cristiana Sciabordi are very funny as Clara's siblings), or in the character dances of Act Two.... Strongly reliant on ensemble work, Wherlock's choreography has several shining moments, especially in the national dances of the grand divertissement.
Maya Künzler, Basler Zeitun, Nov. 22, 2004
A Light-footed Delight for the Eyes
Richard Wherlock's staging of the familiar fairytale ballet is elegant, imaginative and unpretentious. The plot centers on the Stahlbaum family's Christmas celebration, which Wherlock presents as a simple party in the family circle, with neither a gala ball nor noble guests - not at first. A few small, charming, classically choreographed duets and solos are all he needs to introduce his main characters.... Olga's pouting solo in her new but unwanted dress isn't just a dancerly success, it's also hysterically funny when performed by Cristiana Sciabordi. Olga and Fritz are childishly naïve stereotypes who provide the background for Wherlock's Clara. The profound choreography that Wherlock creates for her avoids heavy-handed pathos and leaves ample latitude for interpretations.... The key to the entire piece is Wherlock's Drosselmeier: he's the great animator who elegantly steers the course of events from the background as well as the fulcrum for the various narrative levels and imaginary worlds in which the piece occurs.... Like a magician, Drosselmeier moves adroitly through both worlds. He's a creature of transitions, Janus-headed in a certain sense, wholly autonomous and utterly authentic. Stylistically too, Drosselmeier is at the heart of the choreography. Supple and elegant, he strikes an exact balance between the discreet classicism of the Stahlbaum family and the intricate, somewhat quirky modernism of the rat pack.
Wherlock's "Nutcracker" is characterized by the juxtaposition of stylistic forms and imaginative worlds, as well as by the intensity of its individual dances. Wherlock interposes rounded forms into the jagged movements of the young adults to create delightfully pretty love scenes between Clara and her Nutcracker.... The ethnic dances are brief and colorful intermezzos, piquant as the aromas of exotic spices. Finally, there are the grand corps de ballet scenes in the ballroom and in the enchanted forest, where, delicate as snowflakes, the dragonflies' dance intensifies into the climax of the staging. Wherlock has crafted a gorgeous, entertaining ballet that provides plenty of points of departure for interpretations.
In the foreground stand a playful kinetic imagination and a childlike, intensive way of dealing with the various levels of a seemingly simple story. The psychology of the characters, on the other hand, remains unobtrusive. The audience at the ballet's premiere thoroughly enjoyed and enthusiastically applauded this light-footed delight for the eyes.
Brigitte Guggisberg, Basellandschaftliche Zeitung, Nov. 22, 2004
The choreographer sketches human figures and their longings. Drosselmeier, marvelously embodied by Michaël Lamour, is a diabolic man, but also a dynamic one, driven by his quest for a carefree childhood and the magic of the theater stage.... The dancers in Basel are brilliant as toreros, Orientals, Chinese and Russians.... Modern dance and acrobatic floorwork mix cheerfully with classical elements.
Martina Wohlthat, Neue Zürcher, Nov. 22, 2004