Der gute Mensch von Sezuan

Schauspiel

»Etwas muss falsch sein an eurer Welt. Warum ist auf die Bosheit ein Preis gesetzt und warum erwarten den Guten so harte Strafen?«

Drei Götter haben sich auf die Erde begeben, um nach einem »guten Menschen« Ausschau zu halten. Sie finden zwischen lauter verkommenen, feigen, egoistischen und kleinmütigen Leuten das Strassenmädchen Shen Te, die einzig bereit ist, ihnen Obdach zu gewähren. Für das Geld, das sie ihr dalassen, kauft sie einen Tabakladen. Doch Shen Tes Gutmütigkeit zieht scharenweise Nutzniesser an, die sie zu ruinieren drohen. Wie soll man gut sein und dennoch leben? In ihrer Not erfindet sie sich selbst neu als ihr eigener skrupellos geschäftstüchtiger Vetter Shui Ta. Liebe zu einem arbeitslosen Flieger verkompliziert die schizophrene Lage noch. Am Ende gibt Brecht Shen Tes ethischen Widerspruch ungelöst an die Zuschauer weiter.
In einer Gesellschaft wie der heutigen, in der einzig der Erfolg den Wert eines Menschen auszumachen scheint, gerät die moralische Kategorie »gut« zu sein leicht aus dem Blickfeld. In diesem Stück steht sie im Mittelpunkt. Es lohnt sich, die alte Frage nach der Moral im Kapitalismus neu zu stellen.