Roberto Zucco

Schauspiel

Roberto Zucco ist ein Mörder. Roberto Zucco ist ein authentischer Fall. Roberto Zucco ist zweifellos das extremste und verletzendste Stück des viel zu früh verstorbenen Dramatikers Bernard-Marie Koltès. Ausgangspunkt für die Arbeit war das Fahndungsplakat eines Massenmörders, der 1988 in Frankreich und in der Schweiz durch spektakuläre Ausbrüche und Entführungsfälle Schlagzeilen machte. Das Versagen jeglicher sozio-psychologischer Erklärungsmuster für die Mordtaten dieses "höflichen, jungen Mannes" löste Schrecken und Verunsicherung aus. In fünfzehn Szenen entwirft Bernard-Marie Koltès die fiktiven letzten Stationen dieses Verbrechers - ein französisches Road - Movie, das virtuos mit Formen der Alltagskultur, des Kitsches und des antiken Mythos spielt. In den Blick gerät dabei die Gesellschaft, deren Kind zu werden Roberto Zucco nicht vermocht hat: Menschen, die sich in Schicksalsmuster flüchten und um sich herum Mauern gezogen haben, hinter denen sie sich zu verstecken suchen. Der plötzliche Einfall des Bösen, des Unerwarteten und Unerklärlichen übt eine seltsame Faszination auf sie aus. Wie eine kostbare Brosche heften sie sich das erlittene Unglück an. Roberto Zucco aber, nachdem er seinen Vater aus dem Fenster geworfen hat, seine Mutter erdrückt, ein Mädchen vergewaltigt, einen Polizeiinspektor erstochen und ein Kind erschossen hat, zieht weiter, ein Heimatloser, ein Desperado, der ohne Absicherung auf eine Suche geht, deren Ziel er selbst noch nicht kennt.