Franz Lehárs Operette „Die lustige Witwe“ spielt, nachdem sie schon vor sechs Jahren auf der Grossen Bühne zu sehen war, nun in einem Bahnhof ... dem Bad. Bahnhof. Dort wartet eine Festgesellschaft auf den Zug nach Paris ... ins Maxim. Die bevorstehende Abreise ist gleich einem langen Abgang der Figuren. Das Fest ist vorbei. Die Realität hat die Welt der Operette längst eingeholt ... und kein Zug nach Paris, schon gar nicht an einem Deutschen Bahnhof. So erfindet Herbert Wernicke die Handlung neu ... Durch die melancholischen Klänge des Walzers erinnern sich die Personen langsam wieder an die Lieder, Tänze und Geschichten der „Lustigen Witwe“. „Ich bin eine anständige Frau“ mit diesem Satz wehrt sich die frisch verheiratet Valencienne gegen die hitzigen Liebesbeteuerungen des Camille de Rosillon. Ein Liebesdrama? Mitnichten. Die Operette ist eher ein langer Walzer, in dem lustvoll eine Sehnsucht getanzt wird, jenseits davon, ob sich das Ersehnte je verwirklichen wird. Mit der „ lustigen Witwe“ schuf der Militärkapellmeister Franz Lehár ein Hauptwerk der Operettenmusik. Die eindringlichen Volkslieder und Tänze verkörpern darin die Sehnsüchte eines Soldaten, der von Heimat und Liebe träumt. Doch dazwischen schillert immer wieder die rabiate Welt des Offizierskasinos und der Kaserne durch. Marsch und Galopp bestimmen Dramaturgie und Sprache der „Witwe“. Lehár beschreibt hier schliesslich eine Männerwelt, die im Sturm die zahlreichen Bastionen der Hoffnung zu stürmen versucht; mit dem Ziel die reiche Witwe Hanna Glawari zu erobern. Und so dreht sich im dreiviertel Takt alles um ihre Millionen: „Die lustige Witwe! Sie trauert sehr fidel! Wenn ich einmal im Leben so viel Geld hätte, wie die – dann wäre ich auch ein lustiger Witwer!“