ÜBERGEWICHT, unwichtig: UNFORM
Schauspiel

Ein europäisches Abendmahl von Werner Schwab

Stückinfo

Schweizer Erstaufführung

Diese Texte sind Attentate auf die Grammatik und Endsiege über den guten Geschmack.

Schwabs Stücke sind wortreiche Alpträume und realistische Kopfgeburten einer verqueren Phantasie, die angereichert ist vom Wissen um die blossliegenden und die subkutanen Verletzungen, die eine proletarische oder kleinbürgerliche Welt schlägt. Das macht sie zwar thematisch universell. Die Figuren aber erstehen gleichwohl aus einem sehr österreichischen Urschlamm, aus dumpfem Katholizismus, der zu ganz besonderen seelischen Veränderungen und Verkrüppelungen zwingt. Schwabs Sagen des unklassischen Bürgertums erinnern auf den ersten Blick an Horváth und Kroetz, zeigen sie doch auch porentief jene von Geburt an Verdammten unserer mitteleuropäischen Erde... Doch der erste Blick täuscht auch, denn Schwabs Figuren wehren sich permanent und verhement und penetrant durch Wortgewalt gegen die Weltgewalt. .  
‹ÜBERGEWICHT, unwichtig: UNFORM› ist grotesk hoch gespannt zwischen Beisel-Realismus und Letztem Abendmahl. Die Kneipe ist der Nabel und der Arsch der Welt... Schwabs fatale Menagerie hat jene österreichische Erdung, die nicht provinziell (oder regional) wirkt: Jürgen, der dröge Ewige Lehrer, der permanent die letzten und hinterletzten Dinge erklärt und nur dann und wann die grantige Wirtin linkisch besteigen darf; Schweindi und Hasi, das kleinbürgerliche Ehepaar, dem die Kinder versagt sind, weil der Mann in offensichtlicher Heimlichkeit Knaben begehrt und bei seiner Frau impotent bleibt; Karli und Herta, Zuhälter und Hure, ein klassisches Paar, aus der Dramengeschichte und der nächsten Eckkneipe entsprungen; und Fotzi, die debile Exhibitionistin, die sich für einen Schilling entblösst, um damit die Juke-Box zu füttern. Lemurentreff. Da sitzen sie seit tausend Jahren und für alle schreckliche Zukunft und bequatschen den Überalltag und warten. Warten auf Nichts. Das Nichts schickt ihnen Schwab auf die Haut in Gestalt des Schönen Paars, stumm und klinisch rein und nicht von dieser Welt, sondern aus der wahren, der Warenwelt, in der nur der Schein und Sinn und Sein macht. Gegenwartsschickeria stapft durch den Urschrott.

Michael Merschmeier

Irgendwie müssen wir einer jeden Fremdheit den Kragen abschlagen, und nur eine Fremdheit ist eine Schönheit.
 

Premiere

23. September 1992

Ergänzende Informationen zu dieser Produktion folgen zu einem späteren Zeitpunkt. Besuchen Sie uns bald wieder und viel Spass beim Weiterstöbern.