Mars
Schauspiel

Nach einem Text von Fritz Zorn
In einer Bearbeitung für das Schauspiel des Theater Basel von Johann Kresnik und Hansjörg Schertenleib

Stückinfo

Uraufführung

«Ich bin jung, reich und gebildet; und ich bin unglücklich, neurotisch und allein. Ich stamme aus einer der allerbesten Familien des rechten Zürichseeufers, das man auch die Goldküste nennt. Ich bin bürgerlich erzogen worden und mein ganzes Leben lang brav gewesen. Meine Familie ist ziemich degeneriert, und ich bin vermutlich auch ziemlich erblich belastet und milieugeschädigt. Natürlich habe ich auch Krebs, wie aus dem vorher Gesagten selbstverständlich hervorgeht.» Fritz Zorn

Als der 30iährige Millionärssohn und Gymnasiallehrer, der sich Fritz Zorn nennt, während einer psychotherapeutischen Behandlung von seiner tödlichen Krebserkrankung erfährt, gibt er sich Rechenschaft über ein Leben, das er nicht gelebt hat.  Die Unausweichlichkeit des Todes ist der erste schmerzhafte Einbruch wirklichen Lebens, der physische Schmerz beginnt die «Unempfindlichkeit der Seele» zu beleben. Die «Unempfindlichkeit der Seele», Ursache schwerer Depressionen und tiefer Traurigkeiten, hat ihren Ursprung im Elternhaus am Zürichsee, in jener gespenstigen  Familie, in der man Patiencen legt, Berührungen vermeidet, jede Herausforderung von Realität unter der Magie des Rituals versteckt, jeden Anflug von Sexualität mit dem Begriff der Anständigkeit vertreibt. Der halbwüchsige Musterschüler, dann Musterstudent und schliesslich ebenso musterhafte Lehrer, der weder Freundschafts- noch Sexualbeziehungen je gekannt hat, leidet unter dem ständigen Erstickungsgefühl, «eine Krähe am Hals zu haben.» Als der betrogene Körper dem Krebs verfällt, sieht Zorn darin nur die somatische Form seiner Neurose. Im Sterben setzt er sich  zum erstenmal zur Wehr — gegen die Krankheit, gegen die familiäre und soziale Herkunft, gegen das Nichtlebendürfen.

«Der hier sterben musste, ist nicht das Opfer eines Schicksals, er ist an uns gestorben; an dem, was uns, von einer Gelegenheit zur andern, zum ganzen Menschen fehlte. Er ist daran gestorben, dass er sein Leben nicht teilen, nicht mitteilen lernte, bis es zu spät war. Was ihm also gefehlt hat, war derjenige und diejenige, die ihm Teilung und Mitteilung rechtzeitig abverlangt hätten. In einer unheilbaren Gesellschaft ist sein Tod keine Ausnahme, sondern der Normalfall. Wir werden weiter so sterben, solange wir weiter so leben.»
Adolf Muschg

Premiere

15. Mai 1993

Fernsehbericht

Im Web-Archiv des SRF findet sich ein längerer Bericht inklusive Filmaufnahmen über diese aussergewöhnliche Produktion .