Lucretia Borgia
Schauspiel

Tragödie von Victor Hugo
Übersetzung von Georg Büchner
Bearbeitung von Hans Hollmann

Stückinfo

Schweizer Erstaufführung

MAFFIO: «Eine Familie von Teufeln diese Borgia!»

«lucrèce Borgia» entstand im Jahre 1832 und wurde am 2. Februar 1833 in Paris uraufgeführt. Der erste Schauplatz ist der venezianische Karneval, in dem Lucrezia unter dem Schutz der Maske ihren aus dem inzestuösen Verhältnis mit einem ihrer Brüder stammenden Sohn Gennaro verfolgt. Im Gespräch auf einer nächtlichen Terrasse offenbart er ihr, dass sein sehnlichster Wunsch sei, seine Mutter kennenzulernen, mit der er nur in brieflichem Kontakt steht. Seine herbeieilenden Freunde entdecken ihm die Identität der Gesprächspartnerin, deren Blutgier viele ihrer Verwandten zum Opfer gefallen sind. Gennaro stösst sie mit Abscheu von sich. Da er mit seinen Freunden für eine Gesandschaft nominiert wurde, müssen sie nach Ferrara reisen, das unter der Herrschaft von Don Alphonse und seiner Frau Lucrezia steht. Dort wird er verhaftet, weil er ihren Namen in Orgia verunstaltete. Lucrezia muss, nachdem sie in Unkenntnis des Sachverhalts die Bestrafung des Ubeltäters gefordert hat, Gennaro auf Geheiss ihres Mannes vergiften. Durch ein Gegengift ermöglicht sie ihm die Flucht, von der ihn aber sein Freund Maffio abhält. Dieser überredet ihn, gemeinsam ein Fest zu besuchen, das sich als Giftanschlag Lucrezias auf seine Freunde entpuppt, mit dem sie sich für die erlittene Schmach in Venedig rächen will.

Georg Büchner wurde im März 1835 von Karl Gutzkow, dem Herausgeber des Hugoschen Werkes in deutscher Sprache, als Übersetzer gewonnen. Gutzkow begründete das Interesse an einer Übertragung des Werkes von Hugo in seiner Vorrede: «Wer verdiente mehr, als Victor Hugo, in deutschen Metallauten dem Gedächtnis der Nachwelt überliefert zu werden? Dieser junge Titan hat den Perückenparnass der alten französischen Literatur erstürmt. Er hat seiner Nation gezeigt, dass nichts so schön ist, als die Natur, und nichts so erhaben, als die Leidenschaft.»
Bereits Anfang Oktober 1835 erscheint Büchners Übersetzung von «Lukretia Borgia». Die Parallelen in der ästhetischen Auffassung von Hugo und Büchner sind vielfach betont worden: Für beide Dichter ist der Bruch mit klassizistischen Traditionen Voraussetzung für ihr Werk, beide gingen von der Proklamierung des Hässlichen als Kunstprinzip aus. Beide bemühen sich um eine nichtbeschönigende Darstellung des Wirklichen, das auch oft groteske Züge annehmen könne. Ziel ist es, im individuellen Konflikt den Weg der menschlichen Gesellschaft darzustellen: Historie wird in Einzelschicksalen erzählt, die Verteilung und Erhaltung von Machtstrukturen bezeichnen den kriegerischen und gewalttätigen Gang der Geschichte.
 

Premiere

18. Februar 1993

Besetzung