Martin R. Dean, der 1956 geborene und in Basel lebende Autor, bisher bekannt geworden durch seine Romane «Verborgene Gärten», «Mann im Licht» und «Die gefiederte Frau», hat jetzt sein erstes Theaterstück geschrieben. Dean bleibt in «Gilberts letztes Gericht», das den Preis der Frankfurter Autorenstiftung 1990 erhielt, seinem Thema, der Zivilisationskritik, treu. So ist das Stück nicht nur ein realistisches Spiel Über die Schweizer, bzw. europäische Wohlstandsgesellschaft, sondern zugleich ein Diskurs über die Dialektik von Zivilisation und Barbarei.
Gilbert ist ein erfolgreicher Gewürzindustrieller und begnadeter Koch Und Gourmet. Er hat, sei es in Zürich, sei es in Basel, seinen Freundeskreis zu einem Diner eingeladen. Neben seiner Gattin Julia erscheinen Geschäftspartner, ein väterlicher Freund, ein brüderlicher Feind, eine Malerin und ein Punkmädchen, das man in irgendeiner Bar aufgelesen und eingeladen hat. Bedient werden die Herrschaften von einer Jugoslawin, einem Italiener und einem Afrikaner, Kontrastpersonen zu den übersättigten Wohlstandsmenschen. La grande bouffe nimmt seinen Lauf. Doch es gibt Misstöne. Gilbert erklärt seinen geschäftlichen Ruin, er ist bankrott. Dann hat er eine Magenkolik.
Im zweiten Teil versammelt sich die Festgesellschaft noch einmal — Gilbert ist inzwischen tot : eine Art Leichenschmaus in surrealer Szenerie. Durch das Dach scheinen die Sterne. Die Lebenden werden von einem Blinden besucht, der jedem ein eigens für ihn angerichtetes Mahl servieren lässt und jeden zwingt, seine Geschichte zu erzählen.