Der Regisseur und die Schauspielerin (Elvire Jouvet 40)
Schauspiel

Sieben Lektionen von Louis Jouvet über die Elvira in ‹Don Juan› von Molière
Eingerichtet von Brigitte Jacques
Deutsch von Eva Herrwerth

Stückinfo

Schweizer Erstaufführung

«Donna Elvira: Seien Sie nicht überrascht, mich um diese Stunde und in diesem Aufzug zu sehen, Don Juan. Eine Sache, die keinen Aufschub duldet, zwingt mich zu diesem Besuch; was ich Ihnen zu sagen habe, muss ich Ihnen möglichst bald sagen. Nicht mit jener Erbitterung, die mich jüngst noch erfüllt hat, stehe ich vor Ihnen — Sie sehen in mir eine andere als ich heute morgen gewesen bin, nicht mehr Elvira, die Sie verwünschte, deren verwirrtes Gemüt sich in Drohungen gegen Sie erging, die nach Rache dürstet. Der Himmel hat all diese schmählichen Regungen gegen Sie von mir genommen, alle stürmischen Aufwallungen einer sträflichen Neigung, allen verwerflichen Eifer der groben irdischen Liebe. In meinem Herzen lodert nun für Sie nur noch eine reine Flamme, gelöst vom Fieber der Sinne, heilige Zuneigung, uneigennützige Liebe, die nicht an sich denkt und die nichts anderes bekümmert als Ihr Wohl.»

Donna Elvira, verführt und sitzengelassen von Don Juan, leidgeprüft, schliesslich verzichtbereit und geläutert, kommt ein letztes Mal zu dem einstigen Geliebten, getrieben nur noch von dem Wunsch, sein Seelenheil zu retten. Dieser berühmte Auftritt in Akt IV, Szene 6 in Molières «Don Juan» ist es, mit dem die junge Claudia sich auf die Schauspielprüfung vorbereitet. Ihr Lehrer ist Louis Jouvet, der französische Regisseur und Schauspieler (1887—1951), im Jahre 1940. Im Fortlauf der Tage, an denen die Szene immer neu probiert wird, zeichnen sich Glück und Qual des Schauspielerberufs ab: Fortschritte und Rückschritte, Frustration und Euphorie. Claudia erfährt, wie sie zunächst wenig von der Rolle weiss, dann alles, dann wieder gar nichts — bis eines Tages ein Sprung geschieht, bis zwischen ihrer Person und der Rollenfigur jene geheimnisvolle Chemie zu wirken beginnt, aus der Theater entsteht. Jouvet führt sie durch diesen spiraligen Prozess mit dem richtigen Mass an Einfühlung und Härte. Das Stück erzählt diese doppelte Liebesgeschichte zwischen Rolle und Schauspielerin sowie zwischen Schauspielerin und Regisseur.

«Louis Jouvet: Jedesmal, wenn ihr das Gefühl habt, eine Sache fällt euch leicht - ich meine, ihr erreicht etwas ohne Anstrengung dann ist es nicht gut. Eine Rolle erarbeiten, egal welche, hat immer auch etwas Mühsames, etwas Schmerzvolles, es gehört Anstrengung dazu»
 

Premiere

23. Januar 1993

Besetzung