Wie lange kannst du unter Wasser die Luft anhalten? Ein anderer sein, in einem anderen sein, mehrere gleichzeitig sein, das ist Alptraum und Utopie und schreckliche Realität zugleich. Die Äste der Platanen im Park haben genau dieselbe Form wie ihre Wurzeln unter der Erde, und wenn man die Finger ausstreckt, sollen sie unter die Haut des anderen passen. Identität ist die Utopie der Liebe. Unterschiedslos eins sein. Was natürlich ein Akt höchster Provokation ist, denn die Unterschiede sind das Wesen des Gesetzes – Unterschiede zwischen falsch und richtig. Jekyll und Hyde. Dabei ist Hyde die faszinierende Möglichkeit, sich neu zu erfinden. Die Zukunft, dieser Virus, ist längst in dir und wird jetzt ausbrechen. Hyde! Im Rausch werden alle Erinnerungen abgeworfen. Er wird begehrt, nicht nur von Jekyll, der sonst obsessive Forschungen an Fliegen betreibt, sondern auch von dessen ungreifbarer Geliebten Ivy und seinem pedantischen Verfolger Utterson. Alle drei jagen dieses Phantom: Hyde.
Robert Woelfl schrieb mit seinem Stück ein ironisches Destillat auf Stevensons Horror-Klassiker aus dem Jahr 1886. Eine Liebesgeschichte, ein rasantes Sprachstück und eine Koketterie mit dem Schrecken.
Der gebürtige Kärntner Robert Woelfl lebt in Wien, schreibt Theaterstücke, Hörstücke und Videoessays. Für sein Stück «Dem Herz die Arbeit, den Händen die Liebe» erhielt er 2000 den Jenaer Reinhold-Lenz-Preis für neue Dramatik. Beim Heidelberger Stückemarkt 2001 wurde er für «Kommunikation der Schweine» mit dem Autorenpreis der deutschsprachigen Theaterverlage ausgezeichnet.
Regisseur Alexander Nerlich war nach seinem Regiestudium an der Bayerischen Theaterakademie zunächst als Regieassistent am Theater Basel, später als Hausregisseur am Residenztheater in München engagiert. In Basel inszenierte er u.a. Lessings «Emilia Galotti» und «Minna von Barnhelm», Sabine Harbekes «nachts ist es anders» und zuletzt Martin Crimps «Auf dem Land».