Wanja und Sonja arbeiten jahrelang und unermüdlich auf dem Landgut
des verehrten Professors Serebrjakow. Als der nach seiner Pensionierung
gemeinsam mit seiner jungen Frau Elena von der Grosstadt aufs Land zieht, erkennen die beiden in ihm einen parasitären Blender. Umsonst haben sie seine Bücher gelesen, umsonst ihre Kraft und Lebenszeit für ihn hergegeben. Der Professor dankt ihnen ihre Mühen nicht, das Leben noch weniger, und das muss aufhören! Nacht wird Tag und die kleine Welt steht kopf: Sonja schwärmt für den Landarzt Astrow, Wanja liebt Elena, Elena liebäugelt mit Astrow, Astrow hängt seinen Visionen nach, Wanjas Mutter verehrt den Professor. Sie alle irren gemeinsam durch einen Sommer und graben nach verschütteten Sehnsüchten, lassen neue entflammen und für einen Moment scheint die Gesellschaft der verpassten Chancen in Bewegung geraten zu sein. Als der Professor den Versammelten erklärt, das ihr aller Leben bestimmendes und existenzerhaltendes Gut verkaufen zu wollen, wehrt sich Wanja zum ersten Mal in seinem Leben - und schiesst ... Er trifft den Professor nicht, und auch sonst trifft niemand ins Schwarze auf der Suche nach seinem kleinen Glück. Es bleibt die traurige Gewissheit, dass nichts werden wird, wie es hätte sein können.
Mit "Onkel Wanja" setzt Stefan Pucher seine Erforschung und Inszenierung Tschechowscher Stücke fort, die er am Theater Basel 1999 mit dem "Kirschgarten " begann und später mit der "Möwe" (Deutsches Schauspielhaus in Hamburg) und den "Drei Schwestern" (Schauspielhaus Zürich) zu seiner Tschechow-Trilogie fortsetzte. In der bewegungslosen russischen Welt Tschechows entdeckte Pucher seine eigene Melancholie. Nach seinen Arbeiten in Basel war Stefan Pucher während der Marthaler-Direktion Hausregisseur am Schauspielhaus Zürich. Drei seiner Zürcher Inszenierungen, "Drei Schwestern ", "Richard III." und "Homo Faber", sowie "Othello" (Deutsches Schauspielhaus in Hamburg) wurden zum Berliner Theatertreffen eingeladen.
