Das Käthchen von Heilbronn

Schauspiel

Manchmal sind Träume wirklicher als die Wirklichkeit. Ein schicksalshafter Traum ist es, in dem ein Engel dem fünfzehnjährigen Käthchen von Heilbronn den Grafen Wetter vom Strahl als Geliebten verheisst - und das Mädchen auf geheimnisvoll somnambule Weise ihrem Angebeteten auf Schritt und Tritt folgen lässt. Auch dem Grafen erscheint im Fiebertraum ein Engel und verkündet, er werde die Kaisertochter heiraten. Diese glaubt er in Kunigunde von Thurneck, einer in jeder Hinsicht «falschen» Frau, deren Schönheit nur eine künstliche ist, gefunden zu haben. Während sich Kunigunde jedoch als intrigantes und besitzgieriges Vampirwesen entpuppt, das mit allen Mitteln gegen seine Rivalin kämpft, erweist sich Käthchen schliesslich als leibliche Tochter des Kaisers und heiratet als Katharina von Schwaben den Grafen Wetter vom Strahl. Heinrich von Kleists 1810 entstandenes «Ritterschauspiel» stellt die Frage nach dem Füreinanderbestimmtsein zweier Menschen, nach der besessenen, unbedingten und grenzenlosen Liebe ins Zentrum. In einer märchenhaft überhöhten Welt verklären Träume nicht die Realität, sondern führen auf wundersame Weise zu ihr hin. Erst mittels einer Traumverheissung findet das Käthchen zu seiner Bestimmung und zu seiner wahren Identität. Mit dem Käthchen von Heilbronn, das in traumwandlerischer Gefühlssicherheit
und unbeirrbarem Glauben an den Geliebten handelt und dabei gleichsam undurchschaubar in ihrem Tun bleibt, schuf Kleist eine seiner unverwechselbaren Figuren, die auf unbegreifliche und rational nicht fassbare Weise über sich hinauswachsen und ihrem - jeder Gefährdung überlegenen - innersten Gefühl folgen.

Rafael Sanchez ist seit der Spielzeit 2003/04 Hausregisseur am
Theater Basel und inszenierte zuletzt eine berndeutsche Version von Gotthelfs «Geld und Geist», das Familienstück «Peter Pan» und im Klosterberg 6 Almodóvars «Fessle mich!».