Alte Billettkasse 20/21
Schauspiel
Theater Public
Ausstellung
‹Rough Love›
Eine Wohngemeinschaft von Tauben und Menschen
Zwölf Tauben, Seraina Dür und Jonas Gillmann wohnen gemeinsam in der Alten Billettkasse. Gemeinsam üben sie Erzählungen für ein zukünftiges, weniger menschenbezogenes Miteinander. Durch eine Flugklappe fliegen die Tauben raus in die Stadt und bringen manchmal ihre Stadtfreundschaften mit. Regelmässig kommt auch die Zeichnerin Nicole Schuck zu Besuch. Vor Ort fertigt sie Skizzen, die – zu Zeichnungen ausgeformt und auf Stoff gedruckt – als Flaggen im Stadtraum flattern.
Kunsträume als Übungsfeld
Seraina Dür und Jonas Gillmann schaffen performative Settings, die von nicht-menschlichen und menschlichen Akteur*innen gestaltet und bespielt werden. Als arten-übergreifenden Theatercompagnie verstehen sie uns als verstrickt mit der beschädigten Umwelt, in der wir leben. Was sie erzählen setzt sich über die Grenze Natur-Kultur hinweg. In Zusammenarbeit mit der Künstlerin Anne Linke, die den Stadtraum als urbanes Ökosystem begreift, verwandelt sich die Alte Billettkasse in einen Tauben-Menschen-Schlag.
Geschätzte Tiere
Wenn Nicole Schuck sich mit der ganzen Grauwert-Palette ihrer Bleistifte einem Wildtier nähert, samt seinem Lebensraum, seinen Beziehungen, Spuren und Gewohnheiten, geht sie eine wachsende Verbindung mit ihm ein. Über Wochen, oft Monate hinweg gewinnt sie dabei Erkenntnisse, die zu einer grossen Wertschätzung des Wildtiers als individuellem Wesen und Subjekt in der mit ihm geteilten (Bio-)Sphäre führt. Thematischer Hintergrund von Schucks künstlerischer Position ist die globale ökonomische Inwertsetzung von Wildtieren und Natur, die ethische Fragen aufruft und das In-Beziehung-Sein des Menschen mit der Natur tiefgreifend verändert. Ihre Arbeiten sensibilisieren für die Komplexität von Lebenszusammenhängen und verstehen sich somit auch als Beitrag zur dringend notwendigen breiten gesellschaftlichen Naturschutzdebatte.
In der Alten Billettkasse und im öffentlichen Raum spürt Nicole Schuck den Stadttauben nach: Ohne von systematischen Annahmen auszugehen, lässt sie sich in unserem gemeinsamen Tauben-Menschen-Schlag zeichnend auf jeden einzelnen Vogel ein. Die Zeichnungen, die so im Verlauf von ‹Rough Love› zu einer Installation anwachsen, sind kein Abbild des Gesehenen, sondern führen die Wahrnehmung ganz nah an diese verwilderten Haustiere und ihre Kontexte heran.
Drei auf Stoff gedruckte Zeichnungen werden im Stadtraum gehisst, um gemeinsam mit den Vögeln und dem Wind zu spielen. Sie markieren die Zugehörigkeit der Tauben, stellvertretend für alle Wildtiere Basels, zu einem geteilten städtischen Lebensraum. Je nach Windstärke entfalten sich die Motive oder verschwinden im unbewegt herabhängenden Stoff – ein ständiges, lebendiges Auf- und Abtauchen: Wie in freier Wildbahn entziehen sich die Tiere von Zeit zu Zeit unserem Blick.
Innovative Antworten auf die Klimakrise
Das KlimaKontor Basel initiiert übergreifende, partizipative Kunst-Projekte. Ziel ist ein regionaler, gleichermassen utopischer wie konkreter Diskurs zur Zukunft des Planeten, der von Neugierde, Verantwortungsbewusstsein, Optimismus und Gestaltungsfreude geprägt ist.
‹Erzählen mit Tauben›
Konzept– Seraina Dür, Jonas Gillmann
Architektur Taubenschlag, Photos – Anne Linke
Beratung Narration – Sara Bernasconi
‹Geschätzte Tiere›
Konzept und Umsetzung der Zeichnungs- und Flaggeninstallation: Nicole Schuck
Zusammenarbeit mit dem KlimaKontor Basel und dem Neumarkt Zürich, gefördert durch m2act des Migros-Kulturprozent
7. - 24. April 2021
‹Even Wild Oats›
Eine Geschichte potentiellen Überlebens
Wie mag es sich wohl für Pflanzen anfühlen, wenn sie die Orte der Menschen neu besiedeln und durch Tasten für sich entdecken? Die Installation ‹Even Wild Oats› widmet sich ähnlichen Fragen wie auch schon das Stück ‹Das Ende der Welt, wie wir es kennen› zu Beginn dieser Spielzeit: Wie fühlen sich unsere Gegenstände und Werkzeuge für die Natur an? Ist es ein angenehmes Gefühl? Ein warmes Gefühl? In der Alten Billettkasse zeigt der Künstler Gil Pellaton eine skulpturale Installation aus drei neu entstandenen Werkgruppen. Dabei experimentiert er mit den Möglichkeiten von sensorischer Wahrnehmung, von Berührung und Kontakt.
Viele Pflanzen besitzen die Fähigkeit ihren Stoffwechsel an widrige Umstände anzupassen, sich selbst in einen Stand-by-Modus zu versetzen. Dormanz nennt man ihre Strategie, die Pellaton hier aufgreift und auf kritische Aspekte der heutigen Gesellschaft überträgt. Bestimmte Teile menschlichen Lebens werden in eine Art Ruhezustand versetzt, damit die Aufmerksamkeit der Besucher*innen auf andere Werte und Wahrnehmungsfelder gelenkt werden kann. Pellatons Skulpturen in der Alten Billettkasse dürfen daher auch berührt werden. Sie erzählen eine Geschichte potentiellen Überlebens.
Mit seinen Installationen, die alle Sinne ansprechen, lädt Gil Pellaton die Betrachter*innen dazu ein, sich in der Ausstellung von ihrer eigenen Wahrnehmung leiten und sich auf die vielschichtigen Objekte einzulassen. Den Schlüssel zu den Dingen gilt es forschend zu entdecken.
In seiner Praxis taucht der Künstler in die Phänomene Natur und Gesellschaft ein. Er sammelt wie ein Botaniker, experimentiert wie ein Alchemist und reist wie ein Abenteurer durch die Welt.
2. - 26. Mai 2021
‹Intergalactica 25›
Reisebüro für die Psyche
Es gibt verschiedene Wege, eine Reise in das eigene Innere anzutreten. Eine Möglichkeit ist es, sich über das Reisebüro «Intergalactica 25» als Psychonaut in die Unterwelt des eigenen Seins zu begeben. Über einen Steg werden Sie in einen Raumhafen begleitet – den Startpunkt ihrer Reise. Dort stehen zwei Kapseln zur Verfügung. Eine ist rund, eine hat Ecken und Kanten. Welches Shuttle Sie auch wählen: Das Ziel der Reise ist und bleiben Sie selber und die Sterne. Bei «Intergalactica 25» handelt es sich um eine theatrale Installation ohne Therapieanspruch. Wir bitten Sie, auf dem Einstufungs-Formular allfällige Besonderheiten wie Epilepsie, Hyper-Sensivität, Synästhesie oder space-Angst unbedingt zu vermerken.
Seit 2001 präsentiert und produziert das Wildwuchs Festival internationale und lokale Kunst und Kultur in Basel. Projekte zu gesellschaftlichen Fragestellungen stehen im Zentrum. Wildwuchs lenkt den Blick auf Betroffene und gibt ihnen mit künstlerischen Mitteln eine Stimme. Wildwuchs experimentiert mit neuen Tanz-, Performance- und Theaterformen. Wildwuchs schafft Begegnungen zwischen Kunstschaffenden, Zuschauenden, Betroffenen und Angehörigen. Wildwuchs gewährleistet Chancengleichheit für künstlerisches Schaffen. Wildwuchs ermöglicht kulturelle Zugehörigkeit trotz Verschiedenheit.
1. - 6. Juni 2021
‹Sine Sole›
«Ich möchte nicht früher wach werden als der erwachende Tag.»
Clarice Lispector
Schattendörfer – darunter versteht man Ortschaften, die sich in so schmalen Tälern befinden, dass die Sonne es eine Zeitlang im Jahr nicht schafft über die umliegenden Bergkuppen zu steigen. Manche dieser Dörfer haben riesige Spiegel auf die Gipfel aufgestellt, um das Sonnenlicht einzufangen und ins Dorf zu lenken. Jedoch sind diese Spiegel sehr anfällig und müssen regelmäßig gewartet werden. Eine Spiegelwärterin träumt vom Licht und von der Sonne. Davon, dass das Licht und seine Wärme das ganze Jahr in das Tal scheint. Es verbinden sich Lichtreflexionen mit Textreflexionen von Clarice Lispector und Louisa Raspé. Die Installation ‹Sine Sole› ist ein Versuch Licht auszustellen und erfahrbar zu machen.
25. - 26. Juni 2021