Ein Musikepos von Mauricio Kagel über den Teufel für drei Darsteller und sieben Instrumentalisten (1981 - 1983)
Stückinfo
«Vor welchen drei dingen muß man sich in acht nehmen
der vorderseite einer frau
dem hinterteil einer mauleselin
und allen seiten des pfarrers
kling klang gloriam die sau
die hat den chorrock an»
Thema dieser musikszenischen Komposition ist der Teufel, seine Eigenschaften und Mythologien, Erscheinungen und Verwandlungskünste, wie sie in Legenden, Märchen, Fabeln und Sprichwörtern, in Zauberformeln und alten Liedern des Volksgutes zu finden sind. Zugleich bedeutet die schriftliche Festlegung und Weitergabe dieses Materials durch Nacherzählung oft einen Verrat an der ursprünglichen Überlieferung: Die Authentizität der mündlichen Tradition wird im Laufe der Zeit durch Variationen fortwährend ausgehöhlt. Aus den verschiedenen Textquellen stellte der Komponist eine ineinandergreifende Erzählung zusammen, ein episches Kontinuum aus Bruchstücken ...
Mauricio Kagel
So wie man in «Aus Deutschland» eine große Opernreise in die Welt der deutschen Romantik unternimmt, so reist man im «Mündlichen Verrat» mit Kagel in eine kleinere, kammermusikalisch dargestellte Welt zwischen Mittelalter und Heute - in die Hölle.
Der Teufel: Ausdruck von Urängsten, von erotischen Phantasien, die gelegentlich aus dem Unterbewußtsein hervorquellen, die verarbeitet werden wollen. Die in den Teufelsbeschwörungen formulierten Albträume des Bösen erzeugen Lust wie Abscheu. Das verbindet die von Kagel collagierten Texte, Erzählungen, Sinnsprüche, Beschwörungsformeln und Scherzworte: wie in Sartres «Huis clos» formen die Protagonisten ungewollt sich selbst ihre eigene Hölle. Musik und Text, Instrumentalisten und Darsteller suchen verzweifelt nach einem Ausweg und finden ihn nicht, sie drehen sich in einem Teufelskreis.
Korrespondierend mit der musiktheatralischen Unterwelt spielt der «Mündliche Verrat» in der Unterwelt des Theaters: Die Unterbühne mutiert hier zur Hölle.