Es gibt nichts, das mehr Orakel sein könnte als das Telefon.
Jean Cocteau
Eine Frau in einem geschlossenen Zimmer, ein Telefon, die unhörbare Stimme eines Mannes aus diesem Telefon - das sind die dramatischen Ingredienzen dieses berühmten Einakters von Jean Cocteau, in dem eine verlassene Frau ihren letzten Kampf um das vermeintliche Glück zu zweit ficht, wohl wissend, dass die Niederlage schon vorgezeichnet ist.
In einer Zeit grenzenloser Kommunikation und ständiger Verfügbarkeit durch Massenmedien und modernsten Fernsprechtechnologien via Satellit mutet dieser tragische Telefonmonolog geradezu wie das anachronistische Theater-Relikt aus den Anfangsjahren der Telekommunikation an. Und doch: heutzutage, wo das Handy als Ikone des fruchtbaren Geschäftssinns und gesellschaftlichen Aufstiegs verehrt wird, reizt dieser Text zum kontrastierenden Vergleich, weil er das altmodische Kabeltelefon als Fetisch für den abweisenden Geliebten in den Mittelpunkt rückt, als maschinellen Vollstrecker der Höchststrafe für sozialen Ruin — der Einsamkeit. «Ruf doch mal an .
Jean Cocteau (1889 — 1963), einer der vielseitigsten und profiliertesten Vertreter des Expressionismus in Frankreich, schrieb «La voix humaine»
Die Rolle der einsamen Frau wird gespielt von dem Basler Schauspieler Albi Klieber, der auch ab Oktober in Christoph Marthalers Inszenierung von «Lina Böglis Reise» zu sehen sein wird. Sein akustischer Gegenpart ist der Musiker Martin Schütz, der mittels verschiedener Instrumente dem unhörbaren Geliebten am anderen Ende der Leitung Gestalt verleihen wird. Es wird dies der Versuch sein, mittels der Verbindung von Musik und Sprache eine theatrale Umsetzung für einen tragischen Monolog zu finden, aus einem Selbstgespräch ein musikalisches Zwiegespräch, einen Dialog zwischen Text und Ton sich entspinnen zu lassen.